Polizei der BRD: Deutsche in Uniform
"Die Polizei, dein Freund und Helfer". Während manch einer behauptet, der Ursprung des inoffiziellen Leitspruchs der deutschen Polizei sei bei Heinrich Himmler zu suchen (z.B. hier), behaupten andere, dass er schon deutlich früher geprägt wurde. Sicher ist jedenfalls eines, nämlich dass die Formel schon immer eine leere Worthülse war, die Illusion, es handle sich bei Polizisten um Personen, die frei von der Idiotie der restlichen Gesellschaft mit ihren Diensten und in ihrem Rechtsgefühl allen Teilen der Bevölkerung gleichermaßen zur Verfügung stehen. Dieser Anspruch an Polizeibeamte - bessere Menschen zu sein - kollidiert natürlich mit der Realität, denn auch sie kommen mitten aus der Gesellschaft, und da die deutsche Gesellschaft vom einen Rand des politischen Spektrums zum anderen in unterschiedlichem Maße mit Rassismus, Sexismus, Autoritarismus und anderen Dummheiten verpestet ist, machen diese Einstellungen natürlich auch nicht vor Polizeikasernen halt. Ein Dauerbrenner unter den negativen -Ismen, beliebt bei Jung und Alt, Rechts wie Links, ist dabei schon seit jeher der Antisemitismus und seit einigen Jahrzehnten auch sein böser Zwilling, der auf den Namen Antizionismus hört.
Letzterer hatte 2006 mal wieder ein äußerst gutes Jahr: Israel hatte seinen Daseinszweck einmal mehr erfüllt und die Pläne seiner Gegner - diesmal der Hisbollah - , die jüdische Bevölkerung mitsamt Staat von der Landkarte zu fegen bereits im Keime erstickt. Dies ärgert nicht nur die Mullahs und Jihadisten auf dem Globus jedes mal aufs Neue, sondern Juden die sich wehren sieht man auch in der deutschen Friedensbewegung nicht gerne und so echauffierte sich diese einmal mehr über die Dreistigkeit der Zionisten. Da wurden tagsüber eilig Demos organisiert, auf denen Hisbollahfahnen schwenkende Antikriegsjihadisten den Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah in Sprechchören hochleben ließen und man die Legende vom jüdischen Kindsmord wiederauferstehen ließ ("Kindermörder Israel"), während man sich abends die Zeit mit Diskussionsrunden vertreiben konnte bei denen es eigentlich nur noch darum ging zu klären, welche Bestrafung für Israel denn die angemessene sei: Prügel- oder Todesstrafe. Während die Diskussionsrunden einen israelsolidarischen Besucher der sich in die Höhle des Löwen verirrt hatte - je nach individueller Schmerzgrenze - entweder belustigen konnten, oder aber traurig-wütend stimmen, so konnte eine Teilnahme an einer der Demos durchaus eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen darstellen. So zum Beispiel Ende Juli letzten Jahres in Saarbrücken, als ein Mob aus Hamas- und Hisbollahsympathisanten unter "Juden raus"-Rufen als Friedensdemo getarnt durch die Innenstadt zog, um dem Standpunkt, dass ein weltweiter Frieden nur ohne Juden möglich ist einmal mehr Nachdruck zu verleihen. Eigentlich wäre an diesem Punkt bereits das Nichteinschreiten der anwesenden Polizei als Skandal zu bewerten, aber es kam noch schlimmer, als ein einsames Häufchen Antifas dies alles nicht hinnehmen wollte und deshalb eine Israelfahne zeigte. Die Reaktion erfolgte prompt: eine Gruppe von etwa 50 Personen löste sich unter Rufen wie "Judenhuren!" aus dem Demonstrationszug, stürzte sich fäusteschwingend auf die israelsolidarischen Antifas und verprügelte sie schließlich, was von der Polizei nicht verhindert wurde. Doch damit nicht genug: eines der Opfer des Angriffs erhielt einige Tage nach dem Vorfall eine polizeiliche Vorladung, später wurde gar seine Wohnung von Beamten durchsucht. Die Begründung: das Zeigen der Fahne des jüdischen Staates sei eine Provokation, durch die eine angemeldete Versammlung behindert werden sollte.
Dieselben Polizeibeamten, die hier den Opfern eines antisemitischen Übergriffes nicht etwa Hilfe geleistet, sondern sie zu Tätern gemacht haben und bei anderen Gelegenheiten bereits durch so unschöne Dinge wie sadistische Quälereien an jüngeren Kollegen oder ihr verlangen nach Naziliedern und -uniformen auffielen, sind es - und das macht die ganze Sache so tragisch - die im Zweifelsfall jüdische Personen und Einrichtungen vor Angriffen jener Art schützen müssen, wie sie jüngst eine Kindertagesstätte in Berlin erleben musste. Jetzt hat die Polizei schon wieder ihren nächsten Skandal. Nach Angaben des Berliner Tagesspiegel soll "eine Klasse angehender Polizisten in einer obligatorischen Unterrichtseinheit über die Zeit des Nationalsozialismus erklärt haben, sie wolle 'nicht dauernd an den Holocaust erinnert werden' ". Hintergrund war der Vortrag des 83-jährigen Isaak Behar, der seine komplette Familie in deutschen Konzentrationslagern verlor und seit mehr als 20 Jahren über seine Erfahrungen mit dem Judenhass in Deutschland referiert. Die angehenden Beamten, so berichtet später der Spiegel, hätten äußerst gereizt reagiert und wollten von dieser unschönen Sache damals nichts weiter hören. Zusätzlich sollen Äußerungen gefallen sein, Juden seien "reiche Leute". Dabei ist der Vorfall schon fast einen Monat her, der polizeiliche Vertuschungsapparat scheint zu funktionieren: eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, und so wurde das Ganze erst mal unter den Teppich gekehrt. Dass auch die Führungsebene der Berliner Polizei ungefähr so viel von Antisemitismus versteht, wie der Papst von Gruppensex, beweist Polizeipräsident Glietsch (Foto rechts oben). Der Tagesspiegel zitiert ihn mit folgenden Worten: "Wenn sich herausstellen sollte, dass bei jemanden hinter den Äußerungen eine manifeste Fehleinstellung zum Holocaust, dem Nationalsozialismus und dem Rechtsextremismus steht, dann bedeutet dies, dass derjenige bei der Polizei nichts zu suchen hat". Glietschs Vorstellung erinnert ein wenig an eine Zeile Georg Kreislers, die er in "Sodom und Andorra" verwendet: "Ein Stück über die Juden, in dem keine Juden vorkommen? Ah, das ist genial!", nur dass hier das Problem nicht das Fehlen von Juden, sondern die fehlende Beachtung von Antisemitismus in der Aufarbeitung ist. In den Plänen des Polizeipräsidenten, wie dem antisemitischen Zwischenfall in der Polizeischule zu begegnen sei fehlt das Wort "Antisemitismus" komplett. Stattdessen wird ein urdeutscher Reflex aktiviert der dazu führt, dass Judenhass nicht als historische Konstante der letzten Jahrhunderte gesehen, sondern seine Existenz auf jene zwölf Jahre deutscher Geschichte projiziert wird, welche - und das weiss doch wirklich jeder - schon längst abgeschlossen und aufgearbeitet sind. Oder aber das Problem wird reduziert auf auf jene Gestalten am schmuddeligen rechten Rand, mit denen ein normaler Mensch sowieso unmöglich etwas gemein haben kann. Auch bei der Gewerkschaft der Polizei wird aus der Erkenntnis, dass alle Nazis Antisemiten sind der Fehlschluss abgeleitet, dass alle Antisemiten auch Nazis sind und so meint der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Wolfgang Speck in Reaktion auf die Vorfälle: "Mir ist nicht bekannt, dass rechte Parteien versuchen, in der Polizei an Boden zu gewinnen oder Boden gewonnen haben".
"Letztlich verhielten sich einige Polizeischüler ähnlich dumpf wie ein großer Teil der deutschen Gesellschaft" meint auch Doris Kalveram in einem Beitrag für Die Jüdische, und dies trifft eben nicht nur auf den eigentlichen Vorfall an der Polizeischule zu, sondern auch auf dessen Aufarbeitung durch die Polizeiführung. Da nützt es auch nichts, wenn Wolfgang Thierse vor einem "antisemitischen Korpsgeist" in der Polizei warnt oder ein Historiker darauf hinweist, es gäbe "Subkutanen Antisemitismus" bei Deutschlands Polizei. Wer wissen möchte, wie die Stimmung an der Basis der Polizei ist, der kann sich ein Bild hiervon im Forum der "privaten Polizeiseite" CopZone.de machen. Selbstverständlich schreiben hier nicht nur Polizisten, einige behaupten aber zumindest ebensolche zu sein und nach eigenen Angaben sind auch sämtliche Moderatoren "Polizeibeamte/Zöllner". Im Forum existiert auch eine Diskussion zum Thema "Antisemitismus an Polizeischule", die mit einem Beitrag von Schranke beginnt. Dieser wundert sich, ob "Komentare wie 'Juden sind reich' und ähnliches"* überhaupt ausreichen "um Polizisten als antisemitisch zu bezeichnen", oder ob hier nicht vielmehr mit der "durch die Friedmanngeschichte losgetretene Welle" mitgeschwommen werden solle. Copgun, ein Moderator (und somit "Polizeibeamter/Zöllner") aus Frankfurt a. M. bestätigt ihm diese Vermutung prompt: "meiner meinung nach schwimmt der beitrag nur auf dieser welle mit, weil ich an diesen äußerungen nichts gravierendes erkennen kann" und auch sein Moderatorenkollege Goldstern aus Berlin bescheinigt den antisemitischen Polizeischülern unter absolutem Realitätsverlust, "dass es sich nicht um Antisemiten handelt" . Auch Askar stellt sich später die Frage: "Wo ist denn da Antisemitismus?".
Schranke, der die Diskussion eröffnet hat, meldet gar Verständnis für seine Kollegen in Ausbildung an: "ich kann verstehen wenn man nichts mehr davon hören möchte und nicht immer in die Rolle des Angeklagten gedrückt werden möchte". Er ist somit ein Paradebeispiel für eines jener armen deutschen Würstchen, die den Juden Auschwitz nie verzeihen werden und sich als die eigentlichen Opfer bei der ganzen Sache verstehen. Fragt sich nur, wen er hinter den Medien vermutet wenn er danach fordert, man solle deren "Druck" nicht gleich nachgeben. Auch der User Trent kann die ewigen Vorhaltungen nicht mehr hören. Man solle "den angehenden Polizisten ihr Handwerkszeug für den späteren Beruf" beibringen, wovon er das Wissen um Antisemitismus und den Nationalsozialismus ausdrücklich ausklammert. Er selber habe schließlich schon "Schindlers Liste angeschaut" und daher komme "irgendwann [...] der Punkt wo du denkst: So nu is aber mal gut, ich habs begriffen". Der User Corporal geht noch einen Schritt weiter und weiß zu berichten, dass am Antisemitismus eigentlich die Juden Schuld sind, schließlich gebe es in dieser Angelegenheit keine "sachgerechte aufklärung, sondern die keule vieler organisationen, politiker und medien" und "genau so", glaubt Corporal, "schafft man latenten antisemitismus". Nicht nur von User Vito gibt es frenetischen Beifall für diese Aussage, auch Schranke fühlt sich von der Antisemitismukeule bedroht wie von einem Damoklesschwert und denkt sich, dass man gegen DIE ja nichts sagen darf. "Aber als Deutscher darf man ja nicht einmal etwas gegen die Politik Israels sagen ohne als Antisemit betitelt zu werden" jammert er da vor sich hin, als hätte er die Berichterstattung eines großen Teils der Medien über die Geschehnisse im Nahen Osten im Sommer 2006 einfach verpennt. Askar gibt sich am Paranoidesten von allen und meint "es braucht ja nur jemand einemal 'jude' aussprechen und schon regnet es Antisemitismus-Vorwürfe".
Nicht nur die Berliner Polizeischüler, sondern auch Polizeibeamte im CopZone haben gezeigt, dass sie die gesellschaftliche Verantwortung die man ihnen zuschreiben will eigentlich gar nicht bewältigen können, da sie selber mit beiden Beinen knietief im deutschnationalen Sumpf stecken. Falls es mehr von jener Sorte Polizisten gibt, die entweder - wie die Berliner Polizeischüler - Gespräche über "reiche Juden" selbstverständlich finden, oder aber - wie bestimmte Mitglieder des Polizei-Forums - nicht den antisemitischen Gehalt solcher Äußerungen wahrhaben wollen bleibt eine Frage wohl unbeantwortet: wer soll antisemitische Gewalt und Propaganda im post-Auschwitz Deutschland verhindern? Da auch Polizisten nichts weiter als "Staatsbürger in Uniform" und somit auch in den selben dreckigen Diskursen gefangen sind wie der Rest des "Deutschen Volkes", sollte man sich auf diese im Ernstfall wohl besser nicht verlassen.
* Alle Zitate in unveränderter Rechtschreibung