Donnerstag, 22. März 2007

And the Winner is ... Israel!

"An allem sind die Juden schuld, die Juden sind an allem schuld, allem schuld. Warum sind denn die Juden schuld? Kind, das verstehst du nicht, sie sind dran schuld." Diesen alternativen Text zu einer Melodie aus der Oper Carmen schrieb Friedrich Holländer in den 1920er Jahren und kommentierte damit herrlich spöttisch einen Dauerbrenner des Antisemitismus - die jüdische Weltverschwörung, gegen das Wohl der Menschheit gerichtet. Ganz gleich ob Kommunismus oder Kapitalismus, die Pest oder HIV, der Ursprung sämtlicher Geißeln der Menschheit ist, so glauben antisemitische Paranoiker schon seit Jahrhunderten, jüdischen Ursprungs. Auch heute noch nimmt manch einer kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht das Judentum als Urheber allen Übels - vom Klimawandel über 9/11 bis H5N1 - direkt anzusprechen. Einige gehen dabei mit der Mode und kommen zwar zum selben Schluß, allerdings über einen kurzen Umweg: Israel, der Jude unter den Staaten. Nicht mehr "die Juden" sind die großen Übeltäter, sondern "die Israelis", wahlweise auch "die Zionisten" oder einfach "Israel". Wirklich innovativ ist diese notdürftige Mimikry zwar nicht, vielleicht macht aber gerade dies den Erfolg dieses einfachen Rezeptes aus: jedes Unternehmen setzt auf den Wiedererkennungswert seiner Produkte, um sich einen treuen Kundenstamm zu sichern, und genau das klappt im Antisemitismus schon seit Jahrhunderten wunderbar. Die Marke "Judenhass", gleich ob sie als Antijudaismus, moderner Antisemitismus, oder Antizionismus daher kommt, handelte stets nach dem Motto "nur wer sich ändert, bleicht sich treu" und wurde so zum weltweiten Verkaufsschlager.

Dies zeigt nun auch einmal mehr eine im Auftrag von BBC durchgeführte Umfrage, die zwar streng genommen kein "global poll" ist, wie die Verfasser vollmundig behaupten, da die rund 28.000 Personen in "nur" 28 Ländern befragt wurden, aber dennoch einige Rückschlüsse auf Israels Ansehen in der Welt zulässt. Die Befragten wurden darum gebeten zu beurteilen, ob zwölf einzeln abgefragte Staaten einen jeweils "eher negativen, oder positiven Einfluss auf die Welt" haben. Informationen sollten auf diese Art zum Image von China, der EU, Frankreich, Großbritannien, Indien, Iran, Israel, Japan, Kanada, Nordkorea, Russland und Venezuela gewonnen werden. Das Ergebnis ist, wenn auch nicht sonderlich überraschend, so zumindest doch einmal mehr äußerst besorgniserregend: die Auswirkungen Israels auf das Geschehen in der Welt werden von 56 Prozent der Befragten als negativ betrachtet und somit von so vielen, wie es keinem anderen Staat gelingt. Auch auf der anderen Seite der Bilanz hält der kleine Staat den Negativrekord, denn gerade 17 Prozent gestehen es Israel zu, sich positiv auf die Verfassung des Globus auszuwirken. Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage sind dabei nicht ganz neu. Bereits 2003 kam eine europaweite Eurobarometer-Umfrage zum Thema "Iraq and Peace in the World" ganz nebenbei zum Ergebnis, dass 59% der Europäer Israel als "Gefahr für den Weltfrieden" betrachten, mit einem überdurchschnittlich großen Anteil von 65% Israelfeinden in Deutschland. Auch damals schon hatte Israel also das Rennen um den ersten Platz in einem Negativ-Ranking gewonnen.

So viel zweifelhafte Ehre wird nicht mal dem Iran zuteil. Die bombenbastelnden Mullahs werden gerade mal von 54% der Befragten negativ bewertet, satte 18% vertreten offenbar sogar die genau entgegengesetzte Meinung und denken scheinbar, es handle sich bei Ahmedinedschad und seinem Staat um globale Wohltäter: sie bewerten das Treiben im Iran positiv. Die Bronzemedaille geht an die USA, die sicher schon im Vorfeld als heisser Kandidat für einen Platz auf dem Treppchen gehandelt werden konnten. Zwar könnte man sich angesichts einer positiven Wertung von 30% denken: es hätte deutlich schlimmer kommen können!, aber auf der anderen Seite empfindet etwas mehr als die Hälfte der Welt (51%) die USA scheinbar als Problem und so verschaffen die USA-Hasser den ungeliebten Yankees sogar noch einen Platz vor Nordkorea. Amerika, dich haßt sich's besser

So richtig interessant werden die Ergebnisse der Umfrage aber erst, wenn die Daten regional differenziert betrachtet werden, wodurch schier unendlich viele Möglichkeiten für Kombinationen, Vergleiche und andere Spielereien eröffnet werden. Vorsicht ist natürlich dennoch geboten, denn ein Blick auf die verwendeten Methoden offenbart, dass sich trotz der für statistische Zwecke ausreichenden Zahl von ca. 1000 Befragten pro Land die Art des Interviews regional unterscheidet. In manchen Fällen wurden die Personen "face-to-face", in anderen am Telefon befragt, was durch die subjektiv größer empfundene Anonymität deutlich andere Ergebnisse hervorbringt. Einen groben Anhaltspunkt bieten die Zahlen aber allemal. Bei Betrachtung der Umfragewerte für Israel gibt es wenig Neues und vieles, das leider nicht anders erwartet werden konnte. Die größten Israelhasser leben in muslimischen Ländern (im Schnitt 78% "negativ") mit dem Libanon (85% "negativ") als weltweiten Spitzenreiter auf diesem Gebiet. Dicht auf den Fersen ist diesen Staaten die Europäische Union: 61% der in den acht ausgewählten Ländern befragten Personen denken, Israel wirke sich negativ auf die Welt aus. In Deutschland scheint man noch Wert auf althergebrachte Tradition zu legen und so sind Streichers Erben mit großem Abstand europaweit die größten Hasser des jüdischen Staates: 77% denken immer noch, "die Juden sind unser Unglück", nur dass sie heute eben nicht mehr "Juden" sagen, sondern "Israel".

Die wirkliche Überraschung der Untersuchung ist die Antwort auf die Frage, welches Land Israel gegenüber am wenigsten negativ eingestellt ist, denn dies sind nicht die USA sondern Indien! Entweder, die große "Ostküstenlobby" funktioniert nicht mehr richtig, oder aber es wurde eine neue Dependance in Indien eröffnet, jedenfalls leben hier die meisten Israelfreunde, oder zumindest jene die es nicht gerade hassen, und nicht etwa in den Vereinigten Staaten. Auch dort glaubt ein Drittel der Menschen an negative Auswirkungen Israels, und somit mehr, als in Indien, Nigeria oder Mexiko. Aber auch jene, die Israel positiv bewerten sind nicht etwa in den USA in besonders großer Dichte anzutreffen. Wer ein Land mit wirklich israelfreundlicher Bevölkerung bereisen möchte muss, so legen es die Ergebnisse der Befragung nahe, einen Flug nach Westafrika buchen, genauer: Nigeria. 45% der Bevölkerung haben hier ein positives Bild von Israel. Fragt sich nur, ob Indien und Nigeria dem kleinen Staate Israel recht viel nützen, wenn der größte Teil der Welt ganz genau weiß, dass die Quelle allen Übels Israel ist. Der Traum von der globalen Intifada wird schon längst geträumt.